Im Interview: Leiter des Corona Test Labors im Caritas Baby Hospital
Sybille Oetliker (SO) Können Sie sich noch an den ersten Corona-Test erinnern, der im Labor des Caritas Baby Hospital analysiert wurde?
Mousa Hindiyeh (MH) Oh ja. Das war Mitte März 2020. Covid-19 begann damals, sich in unserer Gegend zu verbreiten. Ich bekam einen Anruf vom palästinensischen Gesundheitsministerium, mit der Bitte, dass wir in unserem Labor die Tests für das südliche Westjordanland durchführen.
SO Dann ging alles ganz schnell?
MH Sehr schnell. Die Klinikleitung reagierte positiv auf die Anfrage, und so begannen wir mit dem Aufbau und der Organisation unseres Corona-Test-Labors. In nur zwei Tagen war alles bereit und die ersten Tests wurden durchgeführt.
SO Gab es keine Bedenken?
MH Allen war klar: Die Menschen in Palästina brauchten Tests, und wir konnten unsere Gesundheitsbehörde unterstützen. Bei der Realisierung haben wir streng auf Sicherheit geachtet. So wurde das Corona-Test-Labor in einem separaten Gebäude eingerichtet, und der Zugang zum Labor erfolgt nicht über den Klinikeingang. Die Mitarbeitenden wurden von Anfang an in die Planung einbezogen und geschult. So wurden Ängste abgebaut.
SO An einigen Tagen mussten Sie bis zu 1.000 Tests auswerten.
MH Das erste Mal war das Anfang April. Ich hatte Geburtstag und mitten in der Nacht kam der Anruf, dass wir am nächsten Tag 1.000 Tests hätten. Ich fuhr sofort ins Labor. Mir ist wichtig zu betonen: Es ist keine „One-Man-Show“. Wir können die vielen Tests nur machen, weil das ganze Team sehr flexibel ist. Ohne Überstunden und Engagement aller Mitarbeitenden wäre das nicht zu bewältigen.
SO Es gab bislang keine einzige Ansteckung innerhalb des Krankenhauses.
MH Das geht nur, weil wirklich alle darum bemüht sind, die strikten Schutzmaßnahmen zu respektieren. Dass wir so erfolgreich durch die Krise kommen, hat unseren Zusammenhalt gestärkt.
SO Hatte die Pandemie Auswirkungen auf Ihren Alltag?
MH Ich wohne in Ost-Jerusalem und muss daher von Israel nach Bethlehem fahren und jeden Tag mindestens zweimal einen Checkpoint passieren. Während der sehr strengen Lockdown-Restriktionen war es mitunter schwierig, zur Arbeit zu gelangen. Ich hatte zwar eine Sondererlaubnis, aber die Checkpoints waren oft zu und ich musste lange Umwege auf mich nehmen.
SO Wie hat Corona Palästina verändert?
MH Im Frühling 2020 verstanden viele Menschen in Bethlehem zunächst nicht, warum Schulen, Geschäfte oder Moscheen und Kirchen geschlossen wurden. Zwar war die Stadt sehr früh von Corona betroffen. Aber der Krankheitsverlauf war bei allen Betroffenen zum Glück sehr mild. Deshalb erschienen vielen die Schutzmaßnahmen zu hart. Dann kam es im Herbst 2020 zur zweiten Welle; diese traf das ganze Westjordanland. Die Menschen haben nun großen Respekt vor dem Virus. Die Situation ist hart: Viele haben ihre Arbeit verloren, die palästinensische Autonomiebehörde hat nicht die Mittel, um zu helfen. Niemand weiß, wie lange es andauert. Abhilfe wird wohl erst eine Impfung schaffen.